"Es ist nicht fünf nach zwölf, sondern fünf vor zwölf"
06.06.2016 | Erich Gmünder
„Wir können nicht akzeptieren, dass es für eine Alternativlösung zu spät sein soll“, sagte sich eine Handvoll Teufner und lancierte eine Initiative, mit welcher der Gemeinderat angeregt werden soll, die Kurz-Tunnelvariante zur Abstimmung vorzulegen. An der Präsentation vor den Medien sparten sie nicht mit Vorwürfen an die Adresse der Verantwortlichen der Appenzeller Bahnen und der Gemeinde und beschworen mit drastischen Worten die Nachteile der Doppelspur.
Die Initianten orientieren sich bei ihrer Tunnelvariante an den Vorarbeiten einer Gruppe um Peter Frommenwiler und Köbi Brunnschweiler. Diese hatten in der Juni-Ausgabe der Tüüfner Poscht einen Kurz-Tunnel zwischen Bahnhof und Schützengarten in Spiel gebracht – und gleichzeitig zurückgezogen.
„So geht es nicht“
Sie hätten sich von Fredy Brunner, VR-Präsident der Appenzeller Bahnen, überzeugen lassen, dass es für einen nochmaligen Entscheid über die Dorfdurchfahrt zu spät sei, teilten sie mit. Dies vor allem, weil der Bahnhof Teufen im Hinblick auf die Inbetriebnahme der Durchmesserlinie Ende 2018 bereit sein müsse, was auch Anpassungen bei der Bahnhofkreuzung erforderlich mache.
Dieser Rückzieher passte nicht allen Mitgliedern jenes Komitees in den Kram. Eines von ihnen, Kurt Stäheli, wollte sich damit nicht abfinden. „Als ich zu Hause ankam, sagte ich mir, so geht es nicht.“ Der Bahnvertreter habe die Argumente für die Kurz-Tunnelvariante nicht einmal angeschaut. „Einfach aus dem hohlen Bauch heraus“ habe er argumentiert und die Teilnehmer mit seinem Votum „erschlagen“, entrüstet sich Kurt Stäheli nachträglich.
So machte er bereitwillig mit, als er für eine Mitarbeit im Initiativkomitee angefragt wurde. „Die Eisenbahn mitten durchs Dorf ist eine Katastrophe, und die Probleme an der Bahnhofkreuzung werden damit nicht gelöst, im Gegenteil“, ist er überzeugt. Zudem würde ein Tunnel dem Gewerbe auch die lange und existenzbedrohende Bauphase ersparen.
„Es ist nicht fünf nach zwölf, es ist fünf vor zwölf!“
Christian Ehrbar doppelte nach. „Wollen wir den Dorfkern für die nächsten Generationen kaputtmachen oder beleben?“ Für ihn stehe die Sicherheit zuoberst, jene der Kinder wie auch jene der älteren Leute, welche täglich das Nadelöhr Bahnhofkreuzung passieren müssten oder im Dorfkern bei Stosszeiten vom Tram im Viertelstundentakt gefährdet seien. „Es ist nicht fünf nach zwölf, es ist fünf vor zwölf!“
„Es wird nie eine Lösung geben, wenn die Bahn weiter durch das Dorf fährt“, ist auch Uli Sonderegger überzeugt. Deshalb springe er auf den „5-vor-zwölf-Uhr-Zug“ auf. Die Chancen mit einem zur Hälfte erneuerten Gemeinderat und einem neuen Gemeindepräsidenten stünden gut. „Wir wollen nicht die Bahn torpedieren, sondern das Chaos auf dem Dorfplatz verhindern.“
Am 18. Januar 2015 war ein Kredit von 30 Mio. Fr. inklusive Steuerfusserhöhung für eine Tunnelvariante zwischen Bahnhof und Stofel mit deutlichem Mehr abgelehnt worden. Bund und Kanton hätten sich an den Gesamtkosten in Höhe von 65 Mio. Franken mit rund 35 Mio. Franken beteiligt. Der Gemeinderat hatte betont, dass sich Teufen den Tunnel leisten könne, jedoch auf die finanzpolitischen Folgen und das ungedeckte Risiko einer Kostenüberschreitung hingewiesen.
„Ein Jahresergebnis investieren“
Dass die Tunnelfrage nun trotz des demokratischen Entscheids nochmals auf den Tisch kommen soll, begründete Kurt Stäheli mit der damaligen Diskussion. Die Bevölkerung sei eingeschüchtert gewesen. Der Gemeinderat habe dabei „an der Kante der Wahrheit“ informiert.
Die Gemeinde sei mit den Aufwendungen für den Tunnel auf Jahre hinaus blockiert, habe es geheissen. Dabei hätte man damals schon wissen können, dass es mit den Finanzen aufwärts gehe, doppelte Christian Ehrbar nach. Der Gemeinderat habe sich mit der Doppelspur vermutlich einfach für den bequemeren Weg entschieden.
Der neue Tunnel soll mit 35 Mio Fr. nur noch gut die Hälfte kosten. Das Komitee geht von einem Gemeindebeitrag von 10 Mio. Franken aus, „das ist in etwa ein Jahresergebnis, das man für ein Jahrhundertprojekt einsetzen und damit die meisten Probleme für die nächsten 50 bis 60 Jahre lösen könnte.“
„Teufen kann sich das leisten“
Der Mehrpreis lohne sich in Relation zum Nutzen. Jetzt müsse man halt in Bern nochmals überzeugend verhandeln. Und wenn der Bund nicht mitmachen wolle, dann müsse halt Teufen nochmals über die Bücher und notfalls bereit sein, sich auch stärker zu engagieren. „Wir müssen alles tun, um das Verkehrschaos im Dorf zu verhindern, sonst verlieren wir auch die guten Steuerzahler“, warnte er. Die Gemeindefinanzen seien „gesund, ja kerngesund“, Teufen könne sich das leisten, sagte der eben erst zurückgetretene Präsident der Geschäftsprüfungskommission.
Die Verzögerung sei verkraftbar, zumal der Projektverantwortliche für die Doppelspur erst gerade gewählt worden sei.
„Gas geben“
Das Komitee startet ab sofort mit der Unterschriftensammlung und will nun „Gas geben“, so Beat Bachmann, ebenfalls erst zurückgetretenes Mitglied der GPK und einer der beiden Kandidaten für das Gemeindepräsidium. Die Initiative soll nach Möglichkeit bereits Ende Juni eingereicht werden.
Nötig sind in Teufen 150 Unterschriften; die Initianten zeigten sich überzeugt, dass es ein Leichtes sein, in kurzer Zeit ein Mehrfaches davon zusammenzubringen.
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