Am 16. August 2022 waren 670 Velos zwischen der Lustmühle und dem Riethüsli unterwegs. Auf diese Zahl kam eine Stichproben-Zählung der Stadt St. Gallen. Angenehm ist die Strecke heute allerdings nicht. Seit längerem plant der Kanton für diese Achse deshalb eine Veloschnellroute. Nun wird es konkret.
«Das war ein Freudentag.» Kantonsingenieur Urban Keller spricht vom 22. Februar. Damals wurde die Botschaft des Bundesrats zum Agglomerationsprogramm der 4. Generation publik. Mit diesem Finanzierungsinstrument unterstützt der Bund Verkehrsinfrastrukturprojekte in der Agglo – wenn sie denn der strengen Beurteilung standhalten. Insgesamt sprach der Bundesrat Ende Februar 49 Millionen Franken an die Agglomeration St. Gallen-Bodensee. «Wir mussten zwar um die Veloschnellroute kämpfen. Aber jetzt ist sie wieder in der Kategorie ‘A’.» Das bedeutet: Der Bund will das Projekt mit einem Beitragssatz von 40 Prozent unterstützen. Das ist eine massive Entlastung für die Kantonsfinanzen, denn die Kosten belaufen sich auf rund 10 Mio. Franken. «Das ist eine sehr frühe und eher ‘gute’ Schätzung. Aber man darf die technischen Schwierigkeiten bei dem eher weichen geologischen Untergrund im Wattbachtobel nicht unterschätzen.»
Postauto und Pförtner
Planung und Baustart
Die Idee ist, zwischen Lustmühle und Liebegg das heutige Trottoir zu einem breiten Rad- und Gehweg auszubauen, der in beide Richtungen genutzt werden kann. In der ersten Beurteilung des Aggloprogramms hatte sich der Bund noch gegen die Verbreiterung ausgesprochen. Der Grund: Der Wald entlang des Wattbachs bis hinunter ins Sittertal ist ein wichtiger regionaler Wildkorridor. Der Bund sah einen umwelttechnischen Konflikt, wenn zusätzliche Mauern gebaut würden. Diese könnten für das Wild neue Hürden darstellen. «Wir haben dann mit Fachleuten in einem Bericht aufgezeigt, dass wir trotz der Verbreiterung die heutigen Querungsstellen des Wildes kaum beeinträchtigen. Es braucht zwar an mehreren Stellen neue Stützmauern – aber eben nicht überall», erklärt Urban Keller. Seine Vorsprache im August in Bern hat den Bundesrat zum Umdenken gebracht. Nach diesem halbjährigen Unterbruch wird die Arbeit an der Veloschnellroute jetzt wieder forciert. Im September soll ein Vorprojekt vorliegen. «Wir wollen 2024 ein baureifes Projekt haben und 2025 mit den Bauarbeiten beginnen.» Das ist aus zwei Gründen wichtig; die Velofahrenden sollen ungehindert an den durch den Pförtner aufgestauten Autos vorbeifahren können und das Agglomerationsprogramm der 4. Generation hat engere Fristen für die Umsetzung als die Vorgängerprogramme.
Lustmühle und Liebegg
Die Vision: Das Fahrrad soll vom Sonnenrank bis Riethüsli auf einer eigenen Fahrspur unterwegs sein. Dafür wird wo möglich das Trottoir verbreitert (Schule bis Lustmühle) – entsprechende Projekte sind ebenfalls in Bearbeitung. Noch gibt es aber zwei «Nadelöhre ». Nämlich die Kreuzung in der Lustmühle und die Enge in der Liebegg. Für beides sucht das kantonale Tiefbauamt derzeit Lösungen. «Das komplexere Projekt ist das in der Liebegg. Die Strasse kann man dort unmöglich verbreitern. Deshalb ist eine Wegführung über den Wattbach mithilfe einer Velobrücke angedacht.» Für diesen Ansatz braucht Urban Keller aber nicht nur die Unterstützung des Bundes, sondern auch die Einwilligung des Nachbarkantons. «Wir sind auf gutem Weg. Trotzdem braucht ein interkantonales Projekt seine Zeit.» Auch in der Lustmühle sind gute Ideen gefragt. Ein Ansatz wäre eine «Velounterführung » unter der Umfahrungsstrasse. Sie würde anschliessend talseitig wieder in den neuen Rad- und Gehweg münden. «Hier sind wir erst im ‘Ideen-Status’.» pd/tiz
Das sagt die Gemeinde
Die Entwicklung der (Langsam-)Verkehrsachse von Niederteufen bis Riethüsli beschäftigt auch die Gemeinde. Die TP hat bei Gemeindepräsident Reot Altherr nachgefragt.
Wie wichtig ist die Veloschnellroute für Teufen?
Sehr wichtig. Die Verbindung nach St. Gallen ist für unsere Gemeinde sehr relevant. Das gilt für alle Verkehrsteilnehmer, insbesondere auch den Langsamverkehr, sprich das Fahrrad. Entsprechend gross ist die Freude im Gemeinderat über die Aufnahme des Projekts in das Aggloprogramm und darüber, dass der Kanton die Veloschnellroute vorantreiben bzw. umsetzen will.
Auch wenn die Verbreiterung der Haupt- bzw. Teufener Strasse abgeschlossen ist: Der Engpass beim Eingang Riethüsli bleibt. Wie steht die Gemeinde zur Idee einer «Velo-Brücke» über den Wattbach?
Dieser Teil der Veloroute befindet sich derzeit auf der Stufe Machbarkeitsstudie. Dabei ist die Gemeinde auch involviert: Florian Scherrer ist als Leiter Bau und Planung Teil des Lenkungsausschusses und Urs Kellenberger (Leiter Infrastruktur und Werkbetriebe) arbeitet in der Projektgruppe mit. Was mittlerweile schon klar ist: Die engen Platzverhältnisse zwischen den Gebäuden in der Liebegg lassen keine Streckenführung entlang der Strasse zu. Damit bleibt also eigentlich nur eine andere Lösung – die Topographie gibt dann die Brücke sozusagen vor.
Auch bei der Lustmühle braucht es eine Lösung. Wie wichtig ist eine durchgehende Veloroute?
Das ist entscheidend. Jede Strassenquerung bzw. jedes grössere Hindernis mindert die Attraktivität der Strecke als Ganzes.
Was für Kosten kommen für diese Veloroute auf die Gemeinde zu?
Stand heute kann ich noch keine genaue Aussage zu der Höhe der Kosten machen – die entsprechende Projektierung ist noch nicht weit genug fortgeschritten. Klar ist aber, dass Kanton und Bund den Löwenanteil übernehmen werden. Das ist natürlich sehr erfreulich. Und wir sind sicher bereit, den kommunalen Kostenanteil zu übernehmen. Das ist definitiv eine lohnenswerte Investition.
Auch die Postauto-Schlaufe in der Lustmühle wird wegen des Territorialprinzips etwas kosten. Teufen profitiert aber kaum von dieser neuen Postauto-Haltestelle. Lohnt sich die Investition trotzdem?
Das Territorialprinzip kommt schon sehr lange zu Anwendung. Und es liegt in der Natur dieses Systems, dass man davon mal mehr, mal weniger profitiert. Diese neue Postauto-Schleife bedeutet eine verbesserte ÖV-Anbindung an St. Gallen für den westlichsten Teil unserer Gemeinde und unsere Nachbargemeinden – schon deshalb lohnt sie sich.
Auf dieser Achse sind noch zwei Projekte pendent: Pförtneranlage (Lichtsignal) und Liebegg-Tunnel bzw. Autobahn-Anschluss. Der Kanton stellt sich auf den Standpunkt: Ohne Liebegg-Tunnel keine Pförtneranlage. Sehen Sie das ähnlich?
Auf jeden Fall. Wir können nachvollziehen, dass es vorderhand die Pförtneranlage braucht bzw. damit der Verkehrsfluss durchs Riethüsli-Quartier verbessert wird. Aber sie muss ein Provisorium sein und nach dem Bau des Liebegg-Tunnels ausser Betrieb genommen werden. Klar: Wir sprechen hier von mehreren Jahren, eine lange Zeit für ein «Provisorium». Trotzdem sind die Projekte Pförtneranlage und neuer Autobahnanschluss bzw. Liebegg-Tunnel auch aus unserer Sicht nur gemeinsam akzeptierbar. tiz